[El Toro]

Passage of the Month - Mai 2023

„Ich bin ein einfacher Mann und ich tu, was ich kann.“

Jack ist ein hart arbeitender Leuchtturmwärter, Kapitän und Hafenexperte, aber eben auch - ein einfacher Mann. Als solcher bleibt ihm manchmal nur, sich über gewisse Zustände und Verhaltensweisen der oberen Zehntausend zu wundern. Als ob man nicht schon genug Scherereien hätte...
Und da wir uns am Tag der Arbeit ungebrochen solidarisch zeigen mit Männern wie Jack, erheben wir (mit Jurymachtwort und fünf Punkten) folgende Passage aufs Treppchen - für ein besseres Khorinis!

Applaus für:

Haben Sie sich deswegen schon einmal an die Paladine gewendet?

Na sicher! Ich wollte persönlich bei der Schiffswache deswegen vorsprechen, aber der aufgeblasene Kerl hat mich direkt wieder vom Schiff heruntergeschickt und mir verklickert, es dürften keine Zivilisten an Bord. Dabei bin ich Kapitän zur See! Als ich mich dann vom Kai aus mit ihm unterhalten wollte, hat der Junge mich gerüffelt, ich solle mit ihm nicht so schreien, er sei schließlich ein Erwählter Innos'. Aber wenn ich nicht auf Schiff darf, wie soll ich mich denn sonst verständlich machen?

Guter Punkt.

Hat das Bübchen aber gar nicht interessiert, der hat mich fortgejagt. Und mir noch an den Kopf geworfen, ich solle weniger trinken. Dabei war ich stocknüchtern! Jeder hier im Viertel weiß, dass ich vor elf Uhr morgens nichts trinke, nicht einmal einen Grog, und daran halte ich mich auch an den meisten Wochentagen.

von John Irenicus, aus "Die Goth’sche Zeitung": Das geht doch besser! – Schlaglichter auf die Schandflecken unserer Stadt. Ausgabe 2: Die Lagerhalde an der Anlegestelle

Jury:
Eispfötchen
GesustheG
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - Juni 2023

„Wir machen keine Steuererhöhungen im Zusammenhang mit der deutschen Einheit“.
(Helmut Kohl, 2.12.1990)

Mit Riesenschritten wird es Sommer, und mit Riesenschritten geht auch die PotM-Kür voran – aber es muss auch Raum für Kompromisse sein! Flexibilität ist das 21. Century Skill überhaupt, mal den Hals ein bisschen locker machen, ein bisschen Platz schaffen für eventuelles Umfallen (oder wie in Helmut Kohls Fall: Viel Platz machen ), im Ton hart und in der Sache weich sein. Besser als die Juni-Passage kann uns nichts diese Weisheit lehren.
Auch wenn er sich mit Händen und Füßen gewehrt hat: Laidoridas wurde gnadenlos überstimmt und muss damit leben, dass seine wirklich grandiose Passage aus Gothic Love völlig verdient zur PotM des Juni gewählt wurde (war nix zu machen, also hat er gesagt: Ja gut, dann eben meine. ).

Applaus für:

„Ja, pass auf“, begann das Einhorn und hatte sich schon nach dem ersten halben Satz in Rage geredet. „Als die uns für die Show hier gebucht haben, da wollten die uns nur einen Playback-Gig geben. Meinten so: Ist alles Playback von vorne bis hinten, die ganze Show, geht gar nicht anders. Wär viel zu aufwändig mit echtem Equipment und mit Tonabmischung und so. Bin ich aber hart geblieben und hab gesagt: In Extremo ist ‘ne Live-Band, basta. Uns gibt’s nur live oder gar nicht.“
„Verstehe.“
„Aber war nix zu machen, also haben wir gesagt: Ja gut, dann eben Playback.

Von Laidoridas, aus Gothic Love.

Jury:
John Irenicus
Laidoridas
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - Juli 2023

„Don't be a prick!“

Prügeleien im Freibad, Mobbing auf dem Schulhof, Neiddebatte und Habecks Heizhammer (Hallo BILD, jetzt bitte nicht nachlassen, da liegen nämich noch: Fernwärme-Faschisten, Thermo-Taliban, Gebäude-Energie-Gestapo und Pumpen-Patrouille) - müsste alles nicht sein! Wenn man sich an eine ganz simple Wahrheit hielte: Sei einfach kein Arschloch!
Und gerade weil das so wichtig und so einfach ist, dass sogar Fletcher das kapiert hat, kommt heute die Ehre einer sehr kurzen, aber umso knackigeren Passage zu, mit fünf Punkten (und einer Enthaltung).


Applaus für:

Fletcher betrat ungefragt Scattys Haus und bediente sich an dessen Bierfass. Er war aber kein egoistisches Arschloch und schenkte seinem Gastgeber auch einen Krug ein.

Mal wieder von Ronsen, aus seinem Wettbewerbsbeitrag zu Schreim naoch Buchstohm 6.

Jury:
Laidoridas
Stonecutter
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - August 2023

„Da kann Poison Ivy einpacken!"

So oder so ähnlich schrieb mal jemand über Jasmina Kuhnke, unangefochtene CEO of Gaslighting in den sozialen Medien und vielleicht die toxistische Person seit Tilda Swinton als wertschätzende Ehefrau in Burn after Reading (hab's nicht in besserer Qualität gefunden, sorry!). Oder... halt! Im Gothic-Universum spielen sich Szenen ähnlicher Qualität ab, neben denen Poison Ivy höchstens wie welke Waldbeere, fauler Feldknöterich oder schlappes Seraphis wirkt. Die liebe Kristina führt also eine sachliche Unterhaltung mit ihrem Menne über die hübsche Nawal, und es geht auch ein bisschen um den Eintopf. Jedenfalls haben wir hier ein echtes Meisterstück der Kommunikationsführung aufgespürt, das sich mit sechs Punkten durchsetzen konnte. Einen harmonischen August wünsche ich euch allen!


Applaus für:

Er schielte rüber zum Eintopf. Er dampfte noch. „Und was ist mit Nawal?“, fragte er dann.
Kristina zog eine Augenbraue hoch. „Was soll mit ihr sein?“
„Na, ob sie auch kocht.“
„Ob sie einen Mann hat, meinst du.“
„Eigentlich ging es doch darum, wer kocht.“
„Als ob das so wichtig wäre.“
„Du hast doch gefragt, was die anderen wohl machen. Sie kochen vielleicht. Vielleicht kocht Nawal ja auch.“
„Ja, vielleicht kocht sie ja sogar nackt.“
„Was?“ Thoren ließ ein überraschtes Lachen ertönen. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“
„Naja, wie komme ich da jetzt wohl drauf?“
„Ja, wie du darauf kommst.“
„Wieso sollte ich nicht darauf kommen?“
„Weil …“
„Ja, eben. Vielleicht kocht Nawal ja nackt. Denk doch mal darüber nach.“
„Wie, jetzt? Ich soll jetzt darüber nachdenken?“
„Tust du spätestens jetzt ja sowieso.“
„Spätestens also!“
„Ja, spätestens.“
„Spätestens!“
„Genau.“
Jetzt zog Thoren die Augenbrauen hoch. „Also, ich weiß immer noch nicht …“
„Ach komm“, wandte Kristina ein. „Ich weiß noch genau, diesen Sommer, als ich Nawal kurz unseren kleinen Kräutergarten hinterm Haus gezeigt habe. Da konnten deine Augen doch gar nicht groß genug werden.“
„Sind ja auch schöne Kräuter.“
Kristina lachte. „Jaja. Genau das nämlich.“
„Ach Krüssi … du weißt doch, meine Augen sind groß, aber sie sind nur für dich -“
„Weil man für mich so große Augen braucht, oder wie?“
„Also, jetzt wirst du aber unfair!“
„Ach, jetzt erst, oder wie?“, lachte Kristina. „Aber wenn du die ganze Zeit so um den heißen Brei herumredest.“
„Was meinst du?“
„Mit Nawal.“
„Was ist mit Nawal?“
„Ja, das frage ich ja dich.“
Thoren stieß demonstrativ Luft aus und verschränkte die Arme. „Das wird langsam anstrengend. Was soll mit Nawal schon sein? Ich kenne sie ja gar nicht.“
„Aber du weißt, wie sie aussieht.“
„Ja, weiß ich. Gut sieht sie aus. Ist es das, was du hören willst? Sie sieht gut aus. Sehr gut sogar.“
„Na siehst du, da sind wir doch einer Meinung“, sagte Kristina zufrieden. „Ich glaube übrigens, der Eintopf ist jetzt genug abgekühlt.“

Von John Irenicus, aus Kristina und die Antipest.

Jury:
Ronsen
WhiteXrystal
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - September 2023

„Wird die Begeisterung erst einmal lächerlich gemacht, so wird alles zunichte gemacht, außer dem Geld und der Macht."

Wie eng diese Dinge zusammenhängen, die Begeisterung, das Geld, der Ruhm und die Lächerlichkeit, darüber könnte man ganze Poesiealben füllen. Das kann mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlagen. Man denke an die legendäre Band Kiss – die schwarzweiß bemalten Typen in den D&D-Fantasierüstungen – und Gene Simmons ebenso legendäre wie lächerliche und dabei völlig legitimierte Zungengeste (ich empfehle euch an dieser Stelle zur Vertiefung des Themas den Film Kiss meets the Phantom of the Park von annodazumal, besonders in der deutschen Synchronfassung ).

Andere verzweifeln an ihrer Lächerlichkeit, fürchten sich davor, von ihren Mitmenschen verlacht zu werden bis hin zur Gelotophobie und albträumen davon, sich zum Gespött der Leute zu machen – vielleicht sollten die mal ein Praktikum bei den hingebungsvoll peinlichen He-Man-Imitatoren Manowar machen, um mal zu fühlen, wie befreiend und erhebend die eigene Lächerlichkeit sein kann.

Unser guter alter Fletcher sitzt diesbezüglich noch zwischen den Stühlen. Ohne es zu wollen, imitiert er die Pappnasen in den flatternden Weichei-Roben – und schämt sich dessen, als er sich dessen bewusst wird. Na ja, zum Glück hat ihn keiner dabei beobachtet! Oder doch?
Lest es selbst nach, in Ronsens Geschichte Fersengold, aus der die heutige Siegerpassage stammt!


Applaus für:

„Tetriandoch“, murmelte Fletcher immer wieder, um sich die Zauberformel einzuprägen. Er erwischte sich sogar dabei, wie er die Hand ausstreckte und das Zauberwort sprach, als wäre er einer dieser eingebildeten Robenträger. Doch nichts geschah. Kein Ruhm, kein Reichtum. Nur ein Gardist, der sich zum Vollidioten machte. Das spiegelte seine gegenwärtige Situation eigentlich ziemlich gut wider. Zum Glück war um diese frühe Stunde fast niemand im Außenring wach, der ihn beobachtete. Fast niemand.

Von Ronsen, aus Fersengold.

Jury:
John Irenicus
Ajnif
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - Oktober 2023

„Fünf Bier sind auch a Haxn!"

Der goldene Oktober zieht mit Macht und Milde ins Land, Besenwirtschaften und neuer Wein, Wein- und Oktoberfeste ziehen die braven Bürger von Khorinis und in aller Welt in ihren heiteren Bann. Die Schattenseite weinseligen Frohsinns: Oan Kasten Bier, a Flascherl Korn, die stör’n mi net beim Autofoan! Zwei Maß Gerstensaft sind für einen echt kernigen Khoriner ebenfalls kein Grund, eine schöne kleine Hafenprügelei auszulassen. Da muss die Miliz dann auch mal kernig werden.
Ob diese Situationen dann noch mit professioneller Distanz zu regeln sind oder nicht, das erklärt uns Ruga in der Passage des Oktober(fest)montas, die sich mit 4 Punkten durchsetzen konnte. Prost!

Applaus für:

„Wir sind hier auf einer Insel, und unsere Miliz hat nur eine Abteilung. Da gibt es keine professionelle Distanz“, erklärte Ruga. „Wenn ich mir vorstelle, ich muss mich gemeinsam mit meinem Kollegen mit irgendwelchen Trunkenbolden im Hafenviertel prügeln, und dann sage ich Entschuldigen Sie, werter Herr Kollege, würden Sie mir bitte helfen, den Fuß meines Angreifers aus meinem Gesicht zu entfernen … nein, das funktioniert so nicht.“

Von John Irenicus, aus Schattenboxer 001"

Jury:
Ronsen
Ajnif
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - November 2023

Lang und länger!

Der November, nachweislich der längste aller Monate des Jahres (zumindest auf der El-Toro-Gefühlsskala, sogar noch knapp vor dem Februar), hat es in sich. Wie die Nächte nun lang und länger werden, so auch die Namen: Gestern noch den Tag gefeiert, an dem Dr. Martin Luther das gefürchtete Kürbismonster besiegt hat, jetzt bereits in Vorbereitung des Todestages von El Caudillo de España Generalísimo Francisco Paulino Hermenegildo Teódulo Franco Salgado y Bahamonde Pardo (Rufname Franco ). Weder geboren noch gestorben im November, trotzdem der Dude mit dem allerlängsten Titel: Seine Exzellenz, Präsident auf Lebenszeit, Feldmarschall Hāddsch Doktor Idi Amin Dada, Viktoria-Kreuz, Orden für hervorragenden Dienst, Militärkreuz, Herr aller Tiere der Erde und aller Fische der Meere und Bezwinger des Britischen Weltreichs in Afrika im Allgemeinen und in Uganda im Besonderen (Rufname: Schlächter von Afrika)!
In ungewohnter Einigkeit hat sich die Jury für folgende Passage entschieden, die in der Frage "Wie lang ist eigentlich zu lang?" eindeutig Stellung bezieht. Danke an Mimo für diesen (spiegel)meisterlichen Beitrag zur Debatte!

Applaus für:

„Wer oder was bist du, Eindringling?“, fragte Neoras mit harter Stimme.
„Ich bin der Spiegelmeister“, antwortete die Gestalt unbeeindruckt. „Und wer oder was bist du, Beschwörer des Feuerballs?“
„Neoras, Magier des Kreis des Feuers und Alchemist des heiligen Klosters von Khorinis.“
„So einen langen Namen hat keiner“, entgegnete der selbsternannte Spiegelmeister.

Von MiMo, aus seinem 1. Wettbewerbsbeitrag zu Schreim naoch Buchstohm 6

Jury:
John Irenicus
White Xrystal
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - Dezember 2023

Hiebe und Liebe

Jauchzet, frohlocket, der November ist vorüber, das Jahr 2023 befindet sich auf der Jahresendzeitzielgeraden und mit Schnee und Eis im Gepäck stehen Weihnachtsmann, Krampus und die Storywichtel vor der Tür. Zeit, um an den wunderbaren Jahresausklang '22 zu denken, der uns mit, wie ich finde, mit den besten Wichtelgeschichten überhaupt beschert hat. Dass die Dezember-Passage aus dem Pool der letztjährigen Weihnachtsgeschichten kommt, kann ja auch kein Zufall sein, zumal gerade diese Passage schon seit nunmehr einem Jahr auf meiner persönlichen Favoritenliste steht, verbindet sie doch alle losen Fäden, die Weihnachten für mich zu bieten hat (Sumpfkraut, Flussschifffahrt, Kuscheln).
Mit zweimal voller Punktzahl und einer Enthaltung hat sich die Jury ganz bewusst für Besinnlich-Weihnachtliches entschieden, frei nach dem Motto "Hiebe statt Liebe" (ebenfalls nominiert für den Goldenen Stimmungskipp).

Applaus für:

„Was hast du denn, Kuschelschnuppe? Der Wellengang ist heute ein bisschen stärker als sonst, ist es das? Das ist heute ein ganz besonderer Tag, weißt du das eigentlich, Kuschelschnuppe? Wir haben unseren
ersten Ehrengast an Bord!“
Jacko lächelte Kuschelschnuppe aus seinem fast zahnlosen Mund an – ein Anblick, der leider auf viele abstoßend wirkte, das wusste er aus leidvoller Erfahrung. Auf viele, aber nicht auf Kuschelschnuppe.
Kuschelschnuppe wurde immer ganz lieb und handzahm, wenn er sie anlächelte, und ließ sich sogar streicheln. Nicht einmal, dass er Kuschelschnuppe beim Streicheln schon zweimal versehentlich ein Bein
abgerissen hatte, nahm sie ihm übel. Kuschelschnuppe hatte ja auch noch ein paar mehr davon, und sie war nicht nachtragend. Manchmal hatte er das Gefühl, dass Kuschelschnuppe die einzige in der Kolonie war, die ihn ein bisschen verstand. Aber warum freute sie sich dann nicht mit ihm? Warum war sie ausgerechnet heute so unleidlich, warum gab sie sich so abweisend und streckte ihre verbliebenen Beinchen trotzig gen Himmel?
„Kuschelschnuppe“, versuchte es Jacko noch einmal ganz zart. „Ich möchte doch, dass wir das heute gemeinsam feiern. Verstehst du?“
Aber Kuschelschnuppe sagte nichts. Sie ignorierte ihn einfach, und wenn Jacko etwas nicht ausstehen konnte, dann war es ignoriert zu werden. Zornig riss er Kuschelschnuppe aus ihrem Einmachglas, schleuderte sie zu Boden und stampfte sie mit dem Stiefel kaputt. Er stampfte so lange, bis er die Wanzenpampe mit dem Stiefel im halben Raum verteilt hatte und er sich langsam wieder beruhigt hatte. Es wurde wohl Zeit für eine neue Kuschelschnuppe.

Von Laidoridas, aus Dicke Luft.

Jury:
MiMo
DGDM
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - Januar 2024

"Buddler wissen, wer Gor Babo ist..."

Yo, Grannys und Teens was geht! Gerafft wer hier steht? Komm aus‘m Wood, krasse Fahrt. Heftigster Christmas draußen am Start. Und von oben, up in the sky. Glotzt son Chabo runda, fragt why?
Die Welt ist seit 2013 klar in Babos und Chabos unterteilt (aber ganz so einfach ist es doch nicht, siehe das "Babo-Chabo-Paradoxon").
Nach disparater Punktevergabe wird mit Jurymachtwort das "Breite Kreuz" in Gold an eine einfach exemplarisch gute Ronsen-Passage vergeben. Möge es ein gutes 2024 für alle Chabos, Babos, Bobas und alle dazwischen und außerhalb werden!

Applaus für:

„Du kannst von Glück reden, dass ich meine Hundepfeife dabeihatte und Gräuel rufen konnte. Sie brachte diesen Typen da drüben mit, einen richtigen Babo.“
„Boba“, korrigierte sich der Fremde und trat ebenfalls an Grim heran. „Gor Boba. Crawlerjäger, heiliger Templer der Bruderschaft und demütiger Diener des Schläfers.“
Bloodwyn winkte ab.

Von Ronsen, aus "Tag der Crawler"

Jury:
Laidoridas
Eispfötchen
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - Februar 2024

"Blasse Blüten, Beginn der Balz"

So zumindest leitet der monatliche NABU-Newsletter den Februar ein, seines Zeichens gnomenhafter Crétin und Vollknecht unter den Monaten. Gegen Monatsmitte wird sich wieder Frohsinn en masse zusammenballen, weshalb ich heute noch für etwas Welt-, Achtsam- und Nachhaltigkeit die Trommel rühren will.
Erschöpft von Konferenzen&Korrekturen sowie vom wochenlangen Schneetreiben gebricht's der Juryvorsitzenden an Kraft, sich gegen die Kür (mit 4 Punkten) einer meiner welthaltigsten Passagen durchzusetzen, und ich bedanke mich hiermit herzlich für die Nominierung, da dieser Text kurz vor der altersbedingten Aussortierung stand (genau wie ich!).

Deshalb bitte nur einen bescheidenen kleinen

Applaus für:

Yannic schluckte. Er stellte sich vor, wie er Hernando am Kragen packte, ihm die vergoldete Fleischwanze in die sorgfältig barbierte Visage rammte und brüllte: „Banal, ach ja? Meine Qualen, banal?“ Dass er sich, scheinbar als einziger im schier grenzenlosen myrtanischen Reich, Gedanken über den Wasserverbrauch des Avocadoanbaus machte und diesen, ebenfalls scheinbar als einziger unter Rhobars III. zahllosen Untertanen, auf dieselbe Taxonomieebene zu erheben wagte wie das Leid des Hammels, war schon schmerzvoll genug, wenngleich nicht verwunderlich, doch dass diesem inneren Ringen, diesem täglichen zermürbenden Kampf um die Frage nach dem Guten, jegliche Welthaltigkeit abgesprochen werden sollte, war im Grunde empörend, entwürdigend und schlicht nicht akzeptabel.
Yannic nickte also und sagte: „Ich verstehe.“

Von El Toro, aus "Hungrig"

Jury:
Ronsen
Lady Xrystal
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - März 2024

"Modern modern machen!"

Du tauchst die Welt in Birkengrün,
lässt sogar den Staub erblüh’n
und das Leben kühn erglüh’n!
Schon wölbt sich Mother Nature’s Bauch
im keimbereiten Frühlingshauch.
Da sirrt und surrt es,
girrt und gurrt es,
ja, nun wird es
(Versmaß rulez)
Frühling, ja, du bist’s,
dich hab’ ich vernommen!
Düfte streifen wieder traulich,
Flatterbänder flattern blau sich,
holder Dolden Blütenpracht
wie ein Feuerwerk entfacht!
Du, Frühling…

Der März ist der Janus der Jahreszeiten, vorn zeigt er sein sonnigblaues Strahlegesicht, nach hinten raus sieht man Nachtfrost und das ganze Gemodere, das noch vom Herbste übrig blieb. Ein Keimen und Sterben, ein Vergehen und Werden,
und denkt daran, die meisten Unfälle passieren im Haushalt!
All diese Weisheiten finden wir zusammengefasst in dieser Passage, in der sich der homöopathisch-quacksalberisch veranlagte Rikarius unter Annahme falscher Tatsachen bezüglich der Blutfliegenessenz vor den Augen seines jungen collega zu Tode stürzt. Mehr Vergehen als Werden, mehr Erlöschen als Aufflackern, und in ihrer Tragik einfach eine ebenso schöne wie drastische Passage.

Applaus für:

„Nein!“, schrie ich, der Sprache nun wieder bemächtigt, und wie Rikarius' Füße das Fensterbrett verließen, löste sich die magische Starre, in der er mich gehalten hatte. Ich rannte zum Fenster, kam viel zu spät, suchte fieberhaft in meiner Robentasche nach einer passenden Rune, doch da war nichts Brauchbares. Weder Feuerball noch Heilzauber konnten den Aufprall Rikarius' im gefrorenen Weiß des Schnees verhindern. Ich schaute nach unten, hielt mich mit beiden Händen an der Fensterzarge fest, aus Angst, direkt hinterherzustürzen. Rikarius war bei seinem Fall zunächst auf einen steinernen Erker geprallt und von dort weiter den Abgrund hinab gestürzt, Meter um Meter, und war dann auf einer kleinen Anhöhe direkt an der Klostermauer aufgetroffen, wo er nun mit verdrehten Gliedmaßen lag, den blanken Rücken gen Himmel gewandt, die Schneeschicht um ihn herum verwischt wie bei einem Schneeengel. Das Band zwischen ihm und allem anderen Sein war gekappt worden, die Essenz seines Daseins war versiegt, die Flamme seines Lebens erloschen.

Von John Irenicus, aus "Die Essenz der Blutfliegen"

Jury:
Lord Regonas
Ajnif
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - April 2024

"Frauen schlachten schöner."

Jetzt ist es endlich an der Zeit, den ollen Winter auszukehren, um dem Frühling Platz zu machen. Die Schwalben singen wieder den Coco Jambo, nach Karwoche kommt bekanntlich Kehrwoche, und beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto "quick and dirty". Quick and dirty soll dementsprechend auch die Passage des Monats April sein. Mit phänomenalen fünf Punkten konnte sich ein Text durchsetzen, dem man in dieser Hinsicht wirklich nichts vormachen kann (Zitat eines anonymen Jurors: "Mir gefällt der Horror und der überraschende Schluss").


Deshalb bitte Applaus für:

Selbst als Ehefrau eines Metzgers hatte Lucy keine Ahnung davon, wie man einen Körper schneiden musste, um ihn sauber ausbluten zu lassen. Sie versuchte es erst mit der Kehle, schwang das Fleischerbeil von links nach rechts, so, wie sie auch ein Buch lesen würde, wenn sie denn eines besäße. Blut spritzte auf ihre Ärmel, besudelte den Stoff ihres Kleides und doch schnitt sie weiter, probierte andere Stellen aus, den Oberkörper, die Arme, kurz erwog sie sogar, noch ein Stück tiefer zu schneiden, doch dann hörten Alwins Schreie endlich auf.

Von Lady Xrystal, aus ihrem Wettbewerbsbeitrag zu Schreim naoch Buchstohm 6

Jury:
John Irenicus
MäzenTrommel
El Toro

[El Toro]

Passage of the Month - Mai 2024

"Rote Eier im Kopf ()"

Der Mai kitscht sich gerne mal ran als Wonne-, Erdbeer- oder Blumenmond, scheinbar Friede, Freude und Eierkuchen allenthalben in den grünenden Auen und sanften Hügeln von Archolos (und auch sonst überall). Dass die Wirklichkeit hinter diesem Schleier aus Blütenduft und Vogelgezwitscher in ihrer hässlichen Grausamkeit lächelt, das haben wir alle irgendwie immer schon gewusst. Auch bei der Re-Re-Lektüre der düsteren Wichtelgeschichte für mich, El Tara, verhält es sich nicht anders. Man stolpert in den dunklen Wald hinein, der sich hinter der Wunne auftut, und man weiß, man wird ihn nie wieder verlassen. Folgende Passage konnte sich daher (gegen eine weitere Passage aus demselben Opus ) mit frühlingshafter Leichtigkeit durchsetzen.


Applaus für:

Erfasst von einem Grauen, das in keinem Kinderschädel Platz hat, drehe ich mich um und fliehe in die Dunkelheit des Waldes. Ich renne über Moos und Laub, stoße an Bäume, ein Zweig peitscht im Vorbeilaufen über mein Gesicht, und plötzlich beginnt auch mein Bein wieder zu schmerzen. Von irgendwo her höre ich Tara nach mir rufen. Aber nichts davon hat Raum in meinen Gedanken. Ich will nur noch fort aus diesem Wald, der plötzlich so unendlich groß geworden ist, der sich zu einem riesigen Loch aus purer Dunkelheit aufgetan hat. Je länger ich renne, desto undenkbarer kommt es mir vor, jemals einen Weg aus diesem schwarzen Ort zu finden. Ich bin in die Welt der Scavenger eingedrungen – eine Welt, die grausamer ist als ich es jemals für möglich gehalten hätte – und nun darf ich sie niemals mehr verlassen. Aber ich darf auch nicht anhalten, ich darf niemals mehr anhalten, denn ich ahne, dass es mir auf den Fersen ist, dass es nur eine kleine Unachtsamkeit von mir braucht, nur einen Stolperer –

Von Laidoridas, aus: Das rote Ei.

Jury:
Lady Xrystal
Ajanna
El Toro